Blankvers und Live-Tuba, Iphigenie in einem Bordell und Thoas als ihr Zuhälter: Angelika Messner bürstet IPHIGENIE gegen den Strich, sie überprüft mit ihrer Neufassung die moralisch so anspruchsvolle Rollenzuweisung der Iphigenie, die frau in innere Nöte bringt. Premiere ist am 30. November im TAG.
Opferbereitschaft, Sanftmut, Duldsamkeit, Vermittlungsfähigkeit: Mit diesen vor Klischee triefenden Zuordnungen von Weiblichkeit sind Mädchen und Frauen auch heute noch konfrontiert. In der Atridentochter Iphigenie finden diese Stereotype ihre mythologische Verdichtung – vielfach behandelt von meist männlichen Autoren wie Euripides und Goethe. Schon deshalb ist die Figur im Zusammenhang mit aktuellen Diskussionen über Geschlechterrollen, Genderaspekte und Gleichstellung hochmodern.
Angelika Messner überprüft mit ihrer Neufassung die moralisch so anspruchsvolle Rollenzuweisung der Iphigenie, die frau in innere Nöte bringt. Sie verlegt die klassische Handlung ins Rotlichtmilieu. Iphigenie wurde als Mädchen von ihrem Vater verkauft und landete in einem Bordell. Dort hat sie sich nach zu einer „Mutter Theresa der Nutten“ hochgearbeitet. Ihr Zuhälter Thoas, Chef einer mafiösen Organisation, macht ihr einen Heiratsantrag, den sie ablehnt. Das verletzt ihn in seinem männlichen Stolz. Zur Strafe gibt er ihr den Befehl, zwei Fremde aus ihrer Heimat, die seine Männer aufgegriffen haben, zu töten …
Der Text bekommt in der gebundenen Sprache des Blankverses eine soghafte Rhythmisierung. Als musikalische Weiterführung kommen verdichtende Sprechgesang-Texte hinzu, die vom bekannten Jazz-Tubisten Jon Sass live auf der Bühne begleitet werden. Es ergibt sich ein Spiel mit Wortklang, mit Bildern und Assoziationen mit dem Ziel, einen eigenen weiblichen sprachlichen Ausdruck zu finden. Die Themen, die Angelika Messner mit der klassischen Handlung im Heute verhandelt, sind einerseits die Überprüfung der Existenz von echter Humanität in unserer Gegenwart sowie die Rolle der Frau als fremdbestimmtes Wesen. Wie kommen wir diesbezüglich aus unseren vorgegebenen Denk- und Handlungsmustern heraus? Und ist es möglich, im Rahmen dieser Befreiung dennoch menschlich zu agieren?
Es spielen Jens Claßen, Emanuel Fellmer, Andreas Gaida, Michaela Kaspar, Lisa Schrammel, Georg Schubert und Jon Sass
Text und Regie Angelika Messner | Ausstattung Heike Werner | Musik Jon Sass | Dramaturgie Tina Clausen |
Regieassistenz Renate Vavera | Kostümbetreuung Daniela Zivic | Licht Katja Thürriegl | Tontechnik Peter Hirsch | Bühnentechnik Hans Egger, Manuel Sandheim, Andreas Wiesbauer
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