Eine Leinwand. Ein Blog. Ein Loop filmscher Arbeiten am Karlsplatz.
Bis 17. Juli 2020 wird am Karlsplatz täglich ein neues Motiv auf eine 30m2 große Leinwand affichiert, ein neuer Eintrag auf der Online-Plattform generiert, durchgehend begleitet von Loops filmischer Arbeiten, zu sehen im integrierten Screen am Karlsplatz. Verhältnismäßigkeiten und Perspektiven verschieben sich, Auflösungen und Renderings werden in ihrer Unzulänglichkeit und Brüchigkeit im öffentlichen Raum exponiert.
Ausgehend von der Abwesenheit eines Kinoraums am Karlsplatz, setzt sich CineCollective mit dem Nichtstattfinden, dem kollektiven Ausnahmezustand sowie Brüchen und Leerstellen auseinander und verweist auf Kino in einer gesellschaftspolitischen Diskussion. Im Prozess entsteht ein neuer Raum für die Auseinandersetzung mit Undurchsichtigkeit, Komplexität, Stillstand und Gleichzeitigkeiten.
Programm:
Unter fünf Programmschwerpunkten werden täglich 32 filmische Arbeiten in Loops auf dem in der Plakatwand integrieren Screen abgespielt. Die fragmenthaft verschränkten Tags Pause – On Hold, Play – In Touch, Eject – Overload, Fast Forward – Insight, Rewind – Recall stehen für fünf richtungsweisende Geschwindigkeitsstufen, Zustände und Erfahrungen im Analogen und Virtuellen.
Eine Bandbreite an filmischen Positionen die von österreichischen Amateurfilmer_innen historische Einblicke in analogen Film geben, über Arbeiten von in Wien vertretenen Filmschaffenden wie Viktoria Schmids A Proposal to Project in Scope (2020), Lydia Nsiahs to forget (2019), Stefanie Weberhofers Kopierwerk (2019) und Derek Roberts Corners (2008), oder Alberta Whittle, die sich in between a whisper and a cry (2019) performativ mit dem gegenwärtigen transozeanischen Nachhall von Versklavung auseinandersetzt, rare Archivaufnahmen der Cinematheque von Tangiers umgesetzt in poetische Bewegungsmodi in Chergui (2019) der visuellen Künstlerin Chahine Fellahi bis hin zur aktuellsten Arbeit von Lynne Sachs die von der feministischen Ikone Barbara Hammer vor ihrem Tod mit dem Material einer Residency in der Natur betraut wurde, das in A Month of Single Frames (2019) zu sehen ist.
Im Rahmen einer Kooperation stellt das österreichische Filmmuseum 7 Arbeiten von Amateurfilmer_innen aus seinem Archiv zur Verfügung, die Kunsthalle Wien wiederum gestaltet ein Sujet der Plakatwand.
ON HOLD macht Stillstand und Leerstellen, leere (Kino-)Räume, Produktionsstopp, das Verschwinden und Unsichtbarmachen von Künstler_innen und Kulturarbeiter_innen zum Thema. Pause verweist auf die Absenz, auf die Verlagerung und Übersetzung von Bildern und greift temporäre Leere und Stille auf.
INSIGHT Projektionsflächen und eingeschriebene Politiken, vorherrschende Mechanismen, Sichtbarkeiten und Blickdominanzen werden zerlegt und hinterfragt. Perspektiven- und Erfahrungsvielfalt sind Ausgangspunkt für ein Neudenken und Neuanordnen des Gesehenen, für ein Umkehren des Blickes und Vorausfühlen von Sichtweisen.
IN TOUCH beschäftigt sich mit sensorischen Komponenten des Mediums Film, das über die reine Sehrezeption hinausgehen. IN TOUCH macht Sinnlichkeit, Körperlichkeit, Berührungspunkte und Teilhabe in einem kollektiven Zusammenkommen greifbar und konfrontiert mit den Auswirkungen von körperlichen Distanzierungsmechanismen.
OVERLOAD setzt sich zum Ziel, Chaos und an die Oberfläche dringende Krisen, in ihrer Nachhaltigkeit zu untersuchen und unternimmt den Versuch, krisenhafte planetarische Zustände in unterschiedlichen Räumen in ihrer Vielschichtigkeit kollektiv zu begreifen. Überlappungen, die Gleichzeitigkeit und Überfülle von Inhalten und Realitäten kommen zum Ausdruck, die mit Gefühlen der Überforderung, einem Standhalten von Druck, Zukunftsängsten und kollektiven Traumata einher gehen.
RECALL beschäftigt sich mit den temporären Abwesenheiten von Gewesenem und mit Praktiken des Unsichtbarmachens angesichts dominanter Bildpolitiken. Ein Aufzeigen Blinder Flecken und Geschichte/n in ihrer aktuellen Relevanz im derzeitigen Erfahrungsraum veranlasst eine Neubewertung der Gegenwart und bringt Strategien des Talking Backs zur Sprache.
Die täglich wechselnden Motive auf der 30 m2 großen Plakatwand, Texte, Bilder, Fragmente verweisen auf Film, Kino, gesellschaftspolitische Diskurse und kuratorische Zusammenhänge. Online werden diese Verweise in täglichen Blogeinträgen kontextualisiert und multimedial referenziert.
„Das Arbeiten mit der Leerstelle und dem Bruch eröffnet neue Räume, in den nächsten Wochen verschränken wir assoziativ Versatzstücke die für uns das kuratorische Arbeiten ausmachen und unseren Zugang zu Film und Kino tragen. Prozesshaftes Arbeiten und das Verschränken mehrerer Ebenen eröffnet ein Spielfeld in der Auseinandersetzung mit Filmkulturen für uns und unser Publikum und erlaubt durch ein fragmentiertes Kaleidoskop, leuchtende Versatzstücke auf unterschiedlichste Weise zu manövrieren.“ – CineCollective
Vollständiges Programm unter: www.kaleidoskop.film
Konzeption & Produktion:
CineCollective – Filmkulturen & kuratorische Praxis
Djamila Grandits, Marie-Christine Hartig, Lisa Mai und Doris Posch
mit İpek Hamzaoğlu, Caterina Krüger, Eva Lakits und Markus Zöchling
Bilderdownload: LINK